Ja oder Nein?
Ich erhalte regelmäßig Anfragen zu Glycerin. Aus diesem Grund habe ich die wissenschaftlichen Zusammenhänge von Jo Marty hier nochmals beigefügt:
Immer wieder wird das Thema sehr kontrovers angegangen. Die einen Sachverständiger der Kosmetik verurteilen den Inhaltsstoff als „Abfall“, als „schädlich“ gar, geben an, dass Glycerin die Haut um die eigene Feuchtigkeit beraube und weitere negative Eigenschaften werden da genannt. Auf der anderen Seite wird der Stoff gerade von Derma Forschern wegen seiner pflegenden und hautschützenden Funktion sowie unterstützenden Aspekten äußerst geschätzt. Und beide Seiten treffen einen richtigen Punkt:
Wie ist das möglich, dass derart unterschiedliche Aussagen für ein und denselben Stoff zutreffend sein können?
Dazu muss man etwas tiefer in die Hautphysiologie Einsicht haben. Wird Glycerin in einem Kosmetika – nicht so sehr abhängig davon, ob es sich um industriell hergestelltes oder um aus Pflanzen gewonnenes Glycerin handelt – mehr als 10-15% des gesamten Volumens eingesetzt, kommt es nachweislich zu einer ungünstigen Reaktion in den Keim-Lymphschichten der Haut, indem es die hauteigenen Fettmoleküle in diesen Schichten negativ beeinflusst.
Dieser Prozess kann weiter zu negativen Veränderungen der Keratinozyten führen. Nach langer Anwendung von Kosmetika mit einem sehr hohen Gehalt von Glycerin kann also das wichtigste Strukturprotein der Haut in der Menge vermindert werden. Das kann als „Trockenheit der Haut“ wahrgenommen werden. Diesem Effekt, dass Fett Fett löst (Glycerin ist chemisch zwar ein Alkohol, der aber durch seine Viskosität chemisch sich „ölig“ verhält), verdankt Glycerin, dass er in allen möglichen Lösungs- und Reinigungsmitteln beinahe schon universell eingesetzt wird. Und es auch wie beschrieben der Hauptgrund ist, worauf die Kritik, Glycerin in Kosmetikartikeln einzusetzen, abzielt. Das ist der eine Aspekt.
Der andere ist, setzt man einen Anteil aus Pflanzen extrahiertes Produkt von unterhalb 5-7% in einem Körperpflegemittel ein, geschieht genau das Umgekehrte des oben beschriebenen Prozesses. Das Glycerin unterstützt die Keratinozyten in ihrer Aufgabe, versorgt die Keim-Lymphschichten worauf diese das wertvolle Skleroprotein der Hornschicht und die der Haare besser schützen und stärken kann. Selbst die Basalschicht der Haut profitiert von diesem Phänomen wie sich das Produkt richtig dosiert eingesetzt verhält. Die Oberfläche der Keratinozyten aus der Basalschicht der menschlichen Epidermis hat die gleichen Merkmale wie die Thymuszellen, die das Immunhormon Thymopoietin erzeugen. Und man fand schon bereits vor über 25 Jahren, dass gut mit Nährstoff versorgte Keratinozyten das genannte Immunhormon abgeben und so dem gesamten Immunsystem des Organismus dienen. Ein schlagender Beweis für die anatomische und funktionelle Ähnlichkeit zwischen den Epithelzellen des Thymus und der Haut und zu viel Glycerin kann hier schaden und die geeignete Dosis dagegen sehr helfen! Einmal mehr trifft der bekannte Satz „die Dosis machts“ aufs Vortrefflichste zu.
Oder anders formuliert:
Ob ein glyzerinhaltiges Pflegeprodukt hydratisiert oder austrocknet, hängt deshalb entscheidend von einer geschickten Rezeptur ab. Der Anteil des Zuckeralkohols sollte nicht höher liegen als maximal 10 Prozent. Außerdem muss die Creme ausreichend Wasser mitliefern, damit das Glycerin weder auf Feuchtigkeit aus der Luft noch aus den tieferen Hautschichten angewiesen ist. Wichtig ist auch, dass genug pflanzliche Öle in dem Produkt stecken, denn Glyzerin ist eher als Hilfsstoff zu werten und reicht zur alleinigen Pflege nicht aus. Ein Blick auf die INCI-Liste verrät sofort, wie hoch Glycerin eingesetzt wurde. Um möglichst lange jung und gesund zu bleiben, braucht die Haut mindestens 20 Prozent Feuchtigkeit. Deshalb schützt die Haut sich mit einem raffinierten Trick: Sie bildet Substanzen, die wie Mini Magnete dafür sorgen, dass Feuchtigkeit festgehalten wird. Dazu gehört neben Harnstoff auch der Zuckeralkohol Glyzerin. Was liegt also näher, als diesen Stoff bei trockener, rauer Haut durch Kosmetik von außen zuzuführen? Aber eben hier beginnt die Gratwanderung mit dem Glycerin. Zuviel schadet mit der Zeit und wird für die Haut zum Bumerang und richtig eingesetzt in einer für die Haut wertvollen Rezeptur kann Glycerin ein sehr dankbarer Hilfsstoff bedeuten.
Nochmals anders
Glycerin als körpereigene Substanz gilt als bestens verträglich. Studien bestätigen neben der ausgezeichneten Feuchthaltewirkung auch eine Stabilisierung der Schutzfunktion der Haut. Sogar Luftfeuchtigkeit kann Glycerin binden und auf der Haut halten. Die Barrierefunktion der Haut verhindert das Eindringen von Fremdstoffen und Bakterien und reguliert zweitens den Wasserverlust über die Haut. Glycerin stabilisiert und regeneriert diesen Schutz und erhöht zudem die Hautelastizität. Da es tief in die Hornschicht eindringt, wird die austrocknende und irritative Wirkung von Tensiden und Emulgatoren gemildert.
Die Dosis macht das Gift:
in niederen Konzentrationen wirkt Glycerin antimikrobiell, feuchtigkeitsbindend und hat damit ganz klar positive Effekte. Es schützt die Haut vor dem Austrocknen, gibt Elastizität, macht sie glatt und weich. In hohen Konzentrationen (etwa ab 15%) wirkt Glycerin austrocknend und schleimhautreizend. Die Gewinnung von Glycerin (synthetisch, pflanzlich, biologisch) spielt eine bedeutende Rolle! Es gibt synthetisches und pflanzliches Glycerin. Pflanzliches Glycerin entsteht bei der Verseifung von natürlichen Fetten und Ölen. In konventionellen Produkten wird hauptsächlich synthetisches Glycerin verwendet, dieses wird aus Erdöl gewonnen. Erdöl sollte aber in Kosmetik nicht enthalten sein.
Also; das Thema Glycerin schafft immer wieder Verwirrung. Mehrere widersprüchliche Aussagen sind erforscht und zutreffend. Die Aussagen sollen etwas Überblick geben, weshalb von zwei divergierenden Behauptungen beide richtig sein können.